Pflegende Angehörige – Deutschlands größter Pflegedienst

Wie ist es um die Lebenssituation pflegender Angehöriger bestellt, welchen spezifischen Herausforderungen stehen sie sich gegenüber und welche Entlastungen gibt es? Im Rahmen seines Online-Vortrags „Pflegt die pflegenden Angehörigen“ im Rahmen der Ringvorlesung über „Gelingendes Altern“ skizzierte Prof. Dr. Thomas Gehr, Professor für Klinische Pflege an der HSD Hochschule Döpfer, die gesellschaftliche Relevanz des Themas, beschrieb die Herausforderungen und Belastungen von pflegenden Angehörigen und stellte mögliche Unterstützungsmaßnahmen vor.

Thomas Gehr eröffnete seine Vorlesung mit aktuellen Statistiken und Prognosen zur Pflegebedürftigkeit in Deutschland, um den wachsenden Bedarf an Pflege und Unterstützung zu verdeutlichen. Er erläuterte, wer sich hinter der Gruppe der pflegenden Angehörigen verbirgt und aus welchen Motiven sie häusliche Pflege leistet: Insbesondere aus persönlicher Zuneigung, dem Gefühl der Verpflichtung, zudem aus finanziellen und gesellschaftlichen Gründen sowie aus Angst vor einem Pflegeheim.

Die Pflege eines Angehörigen kann mit vielfältigen Belastungen verbunden sein, darunter körperliche und psychische Gesundheitsprobleme, soziale Isolation und finanzielle Herausforderungen. Gehr forderte dazu auf, nicht einseitig die negativen Aspekte in den Fokus zu stellen: „Die Pflege eines Angehörigen kann belastend sein. Wir müssen aber auch viel mehr die positiven Aspekte und Gewinne sichtbar machen, die Pflege mit sich bringt.“ Als positive Aspekte werden von den pflegenden Angehörigen eine vertiefte Beziehung zum Pflegebedürftigen, das Erlernen neuer Fähigkeiten oder eine höhere Wertschätzung des eigenen Lebens angegeben. Können Angehörige diese gewinnbringende Seite der Pflege erkennen, so erleben sie die empfundenen Belastungen dadurch abgemildert.

Vom fürsorglichen Partner bis zum verzweifelten Überlasteten

Pflegende Angehörige sind eine sehr heterogene Personengruppe. In einer eigenen Studie untersuchter Gehr pflegende Partner*innen und konnte zwischen mindestens drei verschiedenen Typen differenzieren: Der „fürsorgliche Partner,“ der „besorgte Manager“ und der „verzweifelte Überlastete“. Es kommt nicht selten vor, dass es zu Überschneidungen kommt und Anteile von mehreren Typen bei einer Person vorliegen können. Abhängig vom entsprechenden Typ hielt Thomas Gehr verschiedene Empfehlungen für sein Publikum bereit. So sei z.B. den besorgten Manager*innen anzuraten, sich frühzeitig mit dem Gedanken auseinanderzusetzen, Beratung und externe Hilfen zuzulassen. Den nur wer sich selbst pflegt, kann auch andere gut pflegen.

Mehr Lobby und niederschwellige Angebote

Neben Anerkennung und Wertschätzung durch die Gesellschaft benötigen pflegende Angehörige Wissen und Unterstützung, aber eben auch Selbstachtung und Selbstfürsorge! Der promovierte Gesundheits- und Krankenpfleger präsentierte eine Auswahl an verschiedenen Unterstützungsangeboten, wofür er viel Lob von seinen Zuhörenden erntete. Zum Abschluss seiner Vorlesung unterstrich Gehr, dass pflegende Angehörige das Rückgrat der Pflege in Deutschland darstellen und daher mehr gesellschaftliche und politische Anerkennung verdienen müssen. Pflege- und Beratungsangebote sollten deutlich niederschwelliger und entbürokratisiert werden, um den unterschiedlichen Bedürfnissen pflegender Angehöriger gerecht zu werden.

Insgesamt bot die Online-Vorlesung wertvolle Einblicke in die Herausforderungen und Bedürfnisse pflegender Angehöriger und unterstrich die Notwendigkeit einer umfassenden Unterstützung dieser wichtigen Gruppe unserer Gesellschaft. Das Fazit des Abends: Jede häusliche Pflegesituation ist einzigartig! Daher sind individuelle und flexible Lösungsansätze erforderlich.

Die nächste Veranstaltung im Rahmen der digitalen, kostenfreien Ringvorlesung „Gelingendes Altern“ der HSD Hochschule Döpfer findet am Mittwoch, 05. Juni von 18:00 Uhr bis ca. 19:30 Uhr, statt. Thomas Hofmann, Studiengangsentwickler und Dozent im B.Sc. Rettungswissenschaften, referiert zum Thema „Sicher im Alter: Vorbereitet für den Notfall“. Um Ihnen die Zugangsdaten schicken zu können, bitten wir um eine Anmeldung.