„Der PA kann zur Entlastung der Ärzte und damit zur Fokussierung auf originär ärztliche Tätigkeiten beitragen“

Die HSD-Studentin der Physician Assistance, Corinna Rumpf, staunte nicht schlecht, als sie Post von Klaus Holetschek in ihrem E-Mail-Eingang vorfand. Im Rahmen des Moduls „Reflektierte Medizinische Praxis in den Fachgebieten“ war der Studienauftrag ihres Professors Dr. Rainer Kretschmer, ein Interview mit möglichst hochkarätigen  Entscheidungsträger*innen zum Thema „Chancen und Herausforderungen im Gesundheitswesen“ zu führen.
 

Wir bedanken uns bei Klaus Holetschek, dass wir Auszüge aus dem Interview veröffentlichen dürfen! Ein herzliches Dankeschön ergeht insbesondere an Corinna Rumpf.

 

Corinna Rumpf, HSD Hochschule Döpfer: Wie beurteilen Sie die Leistungsfähigkeit unseres Gesundheitssystems in Deutschland?

Klaus Holetschek: „Gesundheit ist ein hohes Gut. Sie ist entscheidend für jede und jeden von uns. Das heißt auch: Wir brauchen Spitzenmedizin in der Akutversorgung und der Rehabilitation. Gleichzeitig muss sie für alle bezahlbar sein. In Bayern und Deutschland haben wir das Privileg, in einem insgesamt gut aufgestellten System zu leben, das das gewährleistet. Denn anders als teils in den USA muss in Deutschland niemand sein Haus verkaufen, um eine Operation oder Therapie bezahlen zu können.

Das bedeutet im Umkehrschluss aber nicht, dass in unserem Gesundheitssystem alles perfekt läuft. Gerade die Corona-Pandemie zeigt uns derzeit an manchen Stellen Schwächen auf, etwa bei der bisherigen Ausstattung des Öffentlichen Gesundheitsdienstes (=ÖGD). Oder das System der diagnosebezogenen Fallpauschalen, das Experten zufolge Fehlanreize in der Versorgung erzeugt, der Fachkräftemangel und die Arbeitsbedingungen in der Pflege – all das sind Punkte, bei denen es noch Luft nach oben gibt! An solchen Stellen für Verbesserungen und Weiterentwicklungen zu sorgen, dafür arbeite ich als Gesundheits- und Pflegeminister.“  

 

Corinna Rumpf, HSD Hochschule Döpfer: Wo sehen Sie unser Gesundheitssystem in zehn Jahren?

Klaus Holetschek: „Für die Zukunft ist mir besonders wichtig, dass wir aus der aktuellen Pandemie die richtigen Schlüsse ziehen, um für kommende Krisen gut gewappnet zu sein. Dafür müssen wir beispielsweise den ÖGD stärken. Das ist ein wichtiges Anliegen Bayerns – dafür haben Bund und Länder bereits im Pakt für den ÖGD die Weichen gestellt. So sollen in den nächsten Jahren Stück für Stück Stellen geschaffen werden. Das ist ein ganz zentraler Aspekt meiner Zukunftsvision. Dazu kommen natürlich Themen wie Digitalisierung, personalisierte Medizin und neue Therapiemöglichkeiten. In diesen Bereichen stecken großes Potenzial und Chancen, die es in den kommenden Jahren weiterhin zu nutzen gilt.“

 

Corinna Rumpf, HSD Hochschule Döpfer: Was ist Ihnen ein besonderes Anliegen oder was möchten Sie in Ihrer Amtszeit gerne noch durchsetzen?

Klaus Holetschek: „Ganz besonders am Herzen liegt mir das Thema Pflege. Denn: Pflege ist kein Randphänomen, sondern Schicksalsfrage der Generationen. Ich setze mich dafür ein, die Strukturen stärker auf die Bedürfnisse der Betroffenen auszurichten und die Finanzierung auf eine zukunftsfähige, generationengerechte Basis zu stellen.

Für ein funktionierendes, hochwertiges Pflegesystem ganz entscheidend sind vor allem auch die Männer und Frauen, die in dem Bereich arbeiten. Hier wird tagtäglich Großartiges geleistet. Mit der Corona-Pandemie ist das ein bisschen mehr in den Fokus gerückt, aber nur Klatschen und nette Worte reichen nicht. Mir geht es darum, attraktivere Arbeitsplätze zu schaffen und auch das Berufsbild sowie Aufgabenfeld der Pflege zukunftsfähig weiterzuentwickeln.“

 

Corinna Rumpf, HSD Hochschule Döpfer: Wer steht Ihnen bei kurz- oder auch langfristigen Entscheidungen zur Seite?

Klaus Holetschek: „Wir haben im Bayerischen Staatsministerium für Gesundheit und Pflege sehr engagierte, motivierte und kompetente Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, sodass ich ein sehr gutes Team direkt um mich habe. Dazu kommt der ständige Austausch mit Experten aus der Wissenschaft und Praxis, deren Expertise in unsere Entscheidungen einfließt.“

 

Corinna Rumpf, HSD Hochschule Döpfer: Was lieben Sie an Ihrem Beruf?

Klaus Holetschek: „Gesundheitspolitik ist ein Bereich, der das persönliche Leben jeder einzelnen Bürgerin und jedes einzelnen Bürgers betrifft. Das heißt: Man kann hier auch sehr viel zum Wohl der Menschen bewegen! Das treibt mich an und deshalb ist mir auch der direkte Austausch mit Bürgerinnen und Bürgern sehr wichtig.“

 

Corinna Rumpf, HSD Hochschule Döpfer: Was gefällt Ihnen am wenigsten an Ihrem Beruf?

Klaus Holetschek: „Bei den vielen verschiedenen Themen und Terminen wünsche ich mir manchmal mehr Zeit, um mich einzelnen Fragen noch intensiver widmen zu können. Gleichzeitig bin ich kein Anhänger starrer bürokratischer Abläufe und möchte stattdessen mehr Flexibilität und Schnelligkeit.“

 

Corinna Rumpf, HSD Hochschule Döpfer: Kennen Sie das Berufsbild des Physician Assistant?  

Klaus Holetschek: „Das Berufsbild des Physician Assistant (PA) ist dem bayerischen Gesundheits- und Pflegeministerium und mir selbstverständlich bekannt. Auch in Bayern gibt es mehrere Hochschulen, die diese Ausbildung als Bachelorstudiengang anbieten, darunter zwei staatliche Hochschulen. Der PA ist darauf ausgerichtet, den Arzt im Wege der Delegation bei vielfältigen Tätigkeiten zu unterstützen. Aus gesundheitspolitischer Sicht befürworten wir dieses Berufsbild: Der PA kann zur Entlastung der Ärzte und damit zur Fokussierung auf originär ärztliche Tätigkeiten beitragen. Zudem wird die Attraktivität einer Ausbildung im Bereich der Gesundheitsfachberufe durch die Eröffnung einer akademischen Weiterbildungsbildungsmöglichkeit erhöht.

Ich hoffe, auch Ihnen macht dieser spannende Studiengang Freude, und wünsche Ihnen weiterhin viel Erfolg!“

 

Das HSD-Team bedankt sich für die gelungenen Fragenstellungen und das spannende Interview!

Klaus Holetschek ist seit 11. Januar 2021 Staatsminister für Gesundheit und Pflege in Bayern. Foto: Andi Frank

HSD-Studentin Corinna Rumpf hat im Rahmen ihres PA-Studiums Klaus Holetschek, Gesundheitsminister in Bayern, zu Chancen und Herausforderungen im Gesundheitswesen befragt. Foto: Alexander Rumpf