"Gebt den Kindern das Kommando?"

Wie ist so etwas möglich? Seit bereits mehreren Jahrzehnten findet ein pädagogischer wie auch juristischer Diskurs über die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen in den Handlungsfeldern der Sozialen Arbeit statt. Dennoch erhalten noch immer nicht alle Heranwachsenden gleiche und breit angelegte Mitsprache- und Mitbestimmungsmöglichkeiten innerhalb der Einrichtungen. Auch die Frage des reflektierten Umgangs mit "Macht in pädagogischen Beziehungen" ist häufig noch nicht ausreichend geklärt. Unter der Fragestellung „Partizipation in der Sozialen Arbeit – ‚alter Hut‘ oder Dauerbrenner?“ fand letzte Woche die erste Fachtagung des neuen Studiengangs Soziale Arbeit statt.

Studierende der Döpfer Akademie Schwandorf an der HSD Hochschule in Regensburg

Die Gäste konnten auswählen, ob sie lieber in Präsenz oder online teilnehmen möchten. Nachdem der überwiegende Teil der Tagungsteilnehmer*innen das Online-Format bevorzugt hatte. entschieden sich die Organisator*innen für eine reine Online-Veranstaltung. Im Gegensatz dazu konnten rund 60 Studierende aus der Döpfer Akademie für Sozialpädagogik am Vormittag die Impulsvorträge vor Ort an der HSD mitverfolgen. Dabei stand dasselbe Programm auf dem Plan wie am Nachmittag für die externen Tagungsbesucher*innen.

Alle an einem Strang: Studierende, Wissenschaftler*innen, Paktiker*innen Die Präsidentin der HSD, Prof. Dr. Karin Kohlstedt, ließ es sich nehmen, die Gäste sowohl vormittags wie auch am Nachmittag persönlich zu begrüßen. Sie wies darauf hin, dass nicht nur bei Erwachsenen, Eltern und Fachpersonal Partizipation ein Thema sei, sondern auch unter den Kindern selbst. Umso wichtiger wäre die wissenschaftliche Beschäftigung wie auch die Reflexion in der Praxis. Die HSD habe mit dieser Tagung den passenden Tisch vorbereitet, an dem Auszubildende, Studierende wie auch Wissenschaftler*innen und Praktiker*innen teilnahmen. Als Tagungsleiter fungierte der Studiendekan für Soziale Arbeit der HSD, Prof. Dr. Eylert-Schwarz. Er warf in seinem einführenden Impulsvortrag die Frage in den Raum, welche Konsequenzen es für die Fachkräfte haben würde, wenn Grönemeyers Songtitel „Gebt den Kindern das Kommando“ tatsächlich in die Tat umgesetzt würde. Nicht viel, war sein Fazit, denn die Erwachsenen säßen trotz jahrelanger Partizipationspraxis aufgrund ihrer Rolle, Lebenserfahrung oder auch Abhängigkeitsverhältnissen immer am „längeren Hebel“. Niemand müsse chaotische Zustände befürchten, wenn Kinder an Entscheidungen in der Jugendhilfe beteiligt würden. Dies verdeutliche das Spannungsfeld zwischen Eigenverantwortung, Entwicklung und dem Arbeitsauftrag an Erzieher*innen und Sozialpädagog*innen hinsichtlich der Umsetzung des Partizipationsgedankens und der damit verbundenen Reflexion von „Macht“ in pädagogischen Institutionen.

Bereichernde, anregende Vorträge aus Praxis und Wissenschaft

Zu den Referent*innen der Fachtagung gehörten neben Eylert-Schwarz auch die renommierte Kinderrechtsexpertin Claudia Kittel, Leiterin der Monitoringstelle zur UN-Kinderrechtskonvention des Deutsche Instituts für Menschenrechte. Sie stellte insbesondere die Aufgaben der Monitoringstelle vor und skizzierte in ihrer Hinführung die Beteiligungsrechte von Kindern. Auch Johanna Krause von den Kinderfreundliche Kommunen e.V. Berlin konnte als Vortragende und Impulsgeberin gewonnen werden. Sie legte in ihrem Vortrag den Fokus auf die Begleitung von Kommunen zur Umsetzung der Kinderrechtskonvention. Ebenso hat Agata Skalska von der Hochschule Düsseldorf die Fachtagung mit ihrem Vortrag bereichert. Sie widmete sich in ihrem Impuls dem Leben und Werk von Janusz Korczak, der seine Pädagogik am einzelnen Kind orientiert ausrichtete und letztlich als Opfer des Nazi-Regimes sein Engagement über das eigene Leben stellte.

Auftaktveranstaltung für den Studiengang „Soziale Arbeit"

Die Fachtagung war gleichzeitig als Auftaktveranstaltung des neuen Studiengangs Soziale Arbeit, der federführend von Eylert-Schwarz geleitet wird, angelegt: „Seit über 30 Jahren befasse ich mich mit Kinder- und Jugendbeteiligung in der Praxis der Sozialen Arbeit. Das Thema hat mit der Einführung des Kinder- und Jugendhilfegesetzes 1990 einen enormen Schub bekommen und wurde danach in zahlreichen rechtlichen Regelungen weiter ausdifferenziert. Trotz dieser langen Zeit, in der die Beteiligung von Minderjährigen auch in Aus- und Weiterbildung verankert wurde, scheint es immer noch aktuell zu sein.“ Der Frage, woran dies liegt, wurde im Rahmen der Fachtagung nachgegangen. Auch wenn einige Aspekte aufgrund der Kürze der Zeit fehlten, so bieten genau diese Stoff für eine weitere Fachtagung. Denn das Thema „Partizipation“ ist und bleibt wohl ein Dauerbrenner – alles in allem ein Hut, der nicht abgenommen oder gar ganz abgegeben werden sollte. Auch nicht in Kinderhände.

Prof. Dr. Andreas Eylert-Schwarz eröffnete nach der Begrüßung durch Präsidentin Prof. Dr. Karin Kohlstedt die Fachtagung mit einem Impulsvortrag und leitete durch den Tag. Foto: Eylert-Schwarz.